Rennradler goes ITB: Ausflug ins Reich der Touristiker

Rennradfahren boomt – hört man ja immer wieder an allen Ecken und Instagram beweist es, eindeutig. Und seitdem Gravel der neue heiße Scheiß ist, sieht man uns nicht mehr nur auf asphaltierten Straßen, sondern auch ganz #outsideisfree durch die wilde Natur fahren. Bikepacking, overnighters, gravelgrinding – viel fehlt nicht mehr zur Weltherrschaft. Und was wir uns nicht holen dürfen dann gerne die Mountainbiker, E-Biker und Fatbiker untereinander aufteilen, Hauptsache zwei Räder. Jedenfalls ist das der Eindruck den ich habe, wenn ich mich in meinem Freundeskreis so umgucke, erst Recht auf Facebook und Instagram…

 

Ritter vs. Rennradler
Da ist es ab und zu ganz hilfreich, wenn die Filterblase platzt und man mit einer anderen Realität konfrontiert wird. So geschehen letzte Woche auf der ITB in Berlin, der „Leitmesse der weltweiten Reisebranche“. Ich hatte jetzt wirklich nicht die Erwartung, da als (Renn)Radler im Mittelpunkt zu stehen, ganz sicher nicht. Aber was mich dann schon arg überrascht hat: Rennrad fand einfach mal NICHT statt. Um das ganze plakativ zu machen: Stände, die sich mit Rennrädern schmücken: Einer. Leute in Ritterrüstungen: Fünf. Ich sage mal: erstaunlich!

 

Selbst Regionen, die als klassische Rennraddestinationen gelten (Mallorca, Südtirol) lassen sich das auf den ersten Blick nicht anmerken, im Standdesign ist man da jedenfalls nicht darauf eingegangen. Selbst auf Nachfrage, was es denn an Material für Rennradler gibt, kommt kaum etwas. Wenigstens hat man mir keinen Flyer für E-Bike Touren mit Gepäcktransport in die Hand gedrückt, das ist mir nämlich auch passiert (Ich sage mal anonym: deutsches Mittelgebirge…).

 

Auch Tirol, wo im September immerhin die Straßenrad-WM stattfindet, geht mit dieser Information recht dezent um. Obwohl das Material sogar da ist, wie am Vorabend bei der Streckenpräsentation im Rapha Store eindrucksvoll (und sehr lecker – Käse, Speck und Germknödel!) zu sehen war.


Es gibt Hoffnung
Rühmliche Ausnahme ist der Schweizer Stand, der einen eigenen Bereich hat, der sich nur ums Fahrrad dreht – und hier hängt dann auch das einzige Rennrad (bzw. Rennvelo) der Messe, natürlich ein schönes BMC. Und macht Werbung für autofreie Passstraßen und die Swiss Bike Hotels. Da ist mein Rennradlerego zumindest wieder ein bisschen versöhnt.


In Einzelgesprächen wird dieser Eindruck dann auch bestätigt: Wir Rennradler liefern zwar schöne Bilder, mit denen sich gut werben lässt – aber im großen Meer der Tourismusindustrie spielen wir kaum eine Rolle. Das mag für kleine, ausgewählte Regionen anders sein – im großen und ganzen sind wir allerdings „ferner liefen“. Klingt komisch, ist aber so.


So ganz aus meiner Blase musste ich aber doch nicht raus, auch wenn das auf den ersten Eindruck so wirkte – denn an fast jedem Stand gab es Leute, die privat auf dem Rennrad sitzen und mir die eine oder andere Lieblingstour versprochen haben. Um allerdings wieder ganz in meine Komfortzone zu kommen, bin ich auf dem Weg zum Bahnhof sicherheitshalber noch schnell bei Steel Vintage Bikes vorbei gegangen, lecker Kaffee trinken und schöne Rennräder gucken. Home sweet home!


PS: Kaffee!
Stichwort Kaffee – bei Radmessen wie der Eurobike ist man ohne eigenen Barista und entsprechend gute Kaffee am Stand ja kaum noch vermittelbar, ein wenig Latte Art sollte es schon sein. Hier dagegen: Fehlanzeige. Da denkt man, die Touristiker kennen sich doch aus mit Gastfreundschaft und so – aber ähnlich guten Kaffee sucht man hier vergeblich. Was ich mir einfach mal so erkläre: Da sind wir Radler halt Trendsetter – und in ein paar Jahren gibt es nicht nur guten Kaffee, sondern auch deutlich mehr Rennräder auf der Tourismusmesse. Ganz sicher….

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